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Ein Leben ohne Nudeln, Brot, Pizza & Co

Schon während meiner Schulzeit plagten mich regelmäßig starke Bauchschmerzen und Blähungen. Mein Bauch wuchs manchmal auf die Größe eines schwangeren Bauches im mindestens sechsten Monat an.
Obwohl sie beispielsweise diesen Müsliriegel nicht essen darf, bleibt unsere Autorin Ramona Wolff meist fröhlich. Foto: FF

Obwohl sie beispielsweise diesen Müsliriegel nicht essen darf, bleibt unsere Autorin Ramona Wolff meist fröhlich. Foto: FF

Als Teenie war ich einmal mit meiner Familie im Kurzurlaub in Speyer. Nach dem Essen war mein Bauch so dick, dass alle Leute dachten, ich wäre schwanger. Ich trug dann extra die Hände so behutsam auf dem Bauch, wie es auch die werdenden Mütter tun und bekam ganz böse Blicke zugeworfen. Ganz nach dem Motto "diese jungen, unverantwortlichen Menschen, die nicht verhüten können". Ich hatte in jedem Fall meinen Spaß dabei auch wenn die Bauchschmerzen die Freude etwas trübten.

Starke Bauchschmerzen gegen 18 Uhr

Damals wusste ich nicht, warum ich fast täglich diese zum Teil wirklich starken Bauchschmerzen hatte. Ich gewöhnte mich jedoch mit der Zeit daran. Ich konnte fast die Uhr danach stellen, denn gegen 18 Uhr blähte sich mein Bauch fast täglich auf. Irgendwann dachte ich, dass meine ständigen Schmerzen wirklich nicht normal sind. Zuerst hatte ich die Vermutung, dass ich unter einer Laktoseintoleranz leiden würde. Ein Test bei der Hausärztin zeigte aber, dass dem nicht so ist. Sie empfahl mir, zum Internisten zu gehen, um mit diesem abzuklären, woher die Schmerzen kommen. Dies tat ich dann auch. Mittels Magenspiegelung und entnommener Gewebeproben kam im Februar 2014 die Diagnose: Sprue Marsh Typ 2 oder sogar 3. Zu deutsch: Zöliakie bzw. Glutenunverträglichkeit.

Lebenslange Diät ratsam

In den Untersuchungsergebnissen stand: "Eine lebenslange Diät ist ratsam". Ich war geschockt. Nie wieder frische Brötchen, Kuchen, Nudeln, Pizza oder Bier (vor allem beim Letzteren bekomme ich großes Mitleid von der männlichen Bevölkerung). Im Alltag lernte ich recht schnell mit meiner Unverträglichkeit umzugehen. Brot wurde ab sofort mittels gekaufter Brotbackmischungen selbst gebacken. Zum Glück bieten Reformhäuser, DM, Rewe und Co. mittlerweile ein breites Sortiment an glutenfreien Lebensmitteln an, was den Umgang mit der Krankheit wesentlich leichter macht. Gleichzeitig macht sie aber auch den Geldbeutel wesentlich leichter, denn für glutenfreie Nudeln zahlt man gerne den doppelten oder sogar dreifachen Preis von "normalen" Nudeln.

Große Umstellung - auch für die Familie

Auch für meine Familie bedeutete meine Unverträglichkeit eine große Umstellung. Keiner wusste so recht, was ich nun essen durfte oder nicht, da zum Beispiel auch Fertigtütchen, Backpulver, Puddingpulver von Maggi, Dr. Oetker und Co. zum Teil Gluten enthalten. Bei Familienfesten kamen daher ständig Fragen im Vorhinein auf, was denn nun gegessen werden soll. Da war die beste Möglichkeit immer ein Bild bei WhatsApp mit den Inhaltsstoffen zu schicken und ein kurzes Ja oder Nein von mir, ob ich das nun essen kann oder nicht. Mittlerweile haben sich aber fast alle daran gewöhnt und wissen, was geht oder nicht. Ausnahme ist da mein Papa. Der bietet mir beim Sonntagsfrühstück immer noch die Brötchen und Croissants an, die ich grinsend ablehne.

"Was passiert dann mit dir?"

Auch das auswärts essen ist immer wieder spannend. Da läuft der Kellner im griechischen Restaurant auch mal mit der riesigen Tüte tiefgekühlter Kroketten durch das ganze Lokal, damit ich selbst nachschauen kann, ob ich diese essen kann. Interessant ist, dass die erste Frage, die mir fast alle stellen, diese ist: "Was passiert dann mit dir?" Viele denken, dass dann so spannende Dinge passieren, wie Pusteln, Ausschlag Atemnot oder ein geschwollenes Gesicht, wie man es vielleicht aus manchen Filmen kennt, wenn Nüsse und ähnliches gegessen werden. Leider - oder eher Gott sei Dank - bekommt die Außenwelt von meinen Symptomen nicht viel mit.

Gelernt mit der Krankheit umzugehen

In den vergangenen 2,5 Jahren habe ich gelernt, mit meiner Krankheit umzugehen. Ein Leben ohne Gluten ist für mich selbstverständlich geworden, auch wenn ich mal den ein oder anderen schwachen Moment habe, an dem ich ganz traurig vor dem Keksregal stehe und weiß, dass ich nie wieder etwas davon essen kann. Die Tatsache, dass sich immer mehr Lebensmittelhändler und Restaurants auf Menschen wie mich spezialisieren, hilft bei einer glutenfreien Lebensweise aber enorm. Meine Hoffnung ist, dass die Medizin irgendwann Tabletten gegen die Krankheit entwickelt, damit ich wieder einmal beherzt beim Bäcker zugreifen kann. von Ramona Wolff


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