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Nie wieder Kauen auf Plastik

Im Gegensatz zu den meisten gängigen Kaugummis besteht "Forest Gum" aus rein natürlichen Rohstoffen und hat sich der Nachhaltigkeit verpflichtet. Der 40-jährige Unternehmer aus Bad Neuenahr-Ahrweiler hat sich damit sogar in "Die Höhle der Löwen" gewagt.
In »Die Höhle der Löwen« erklärte Thomas Krämer den Unterschied zwischen herkömmlicher Kaumasse und dem Chicle des Breiapfelbaums im »Forest Gum«. Foto: TVNOW / Bernd-Michael Maurer

In »Die Höhle der Löwen« erklärte Thomas Krämer den Unterschied zwischen herkömmlicher Kaumasse und dem Chicle des Breiapfelbaums im »Forest Gum«. Foto: TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Kaugummi erfrischt, regt den Speichelfluss und angeblich sogar das Denken an. Wenn man die Inhaltsstoffe unter die Lupe nimmt, überlegt man sich aber zweimal, ob man sich einen Streifen zwischen die Zähne schiebt. Denn herkömmliches Kaugummi besteht aus der gleichen synthetischen Basis wie Autoreifen und Plastikflaschen. Seitdem der in Bad Neuenahr-Ahrweiler geborene Thomas Krämer das während seines Studiums erfahren hat, hat er an einem plastikfreien Kaugummi gearbeitet - und "Forest Gum" entwickelt. Vor Kurzem stellte er "Forest Gum" sogar in der Fernsehsendung "Die Höhle der Löwen" vor - und das mit Erfolg. Denn vier der fünf "Löwen" wollten in das junge Unternehmen investieren. Zu einem Deal kam es trotzdem nicht, denn die vier potenziellen Investoren verhandelten mit Krämer. Doch der blieb standhaft bei seinem Angebot von zehn Prozent der Unternehmnsanteile gegen 300.000 Euro Investment. Über seine Gründe der Ablehnung und über die Entwicklung von "Forest Gum" hat Thomas Krämer in einem Interview mit dem WochenSpiegel gesprochen. Herr Krämer, wann und wie kam es dazu, dass Sie sich mit den Inhaltsstoffen von Kaugummi auseinandergesetzt haben? Grundsätzlich haben mich ökologische und soziale Themen schon immer bewegt. Nach meinem BWL-Studium an der RWTH Aachen und einigen Jahren im Beruf war es an der Zeit, mich diesen Themen mehr zu widmen. Daher habe ich an der TU München einen Master in Ressourcenmanagement und Nachhaltiger Forst- und Landwirtschaft gemacht. In einer Vorlesung erfuhr ich, dass Chicle bereits bei den Mayas als natürliche Kaumasse sehr beliebt war. Nachdem ich herausgefunden habe, dass herkömmliches Kaugummi heute die gleiche synthetische Basis wie zum Beispiel Autoreifen haben, war ich fassunglos. Da kaut man Jahrzehnte lang selbst darauf herum und hat keine Ahnung! Hat Sie die Erkenntnis davon abgehalten, weiter Kaugummi zu konsumieren? So wie es mir ergangen ist, geht es den meisten Menschen, denen ich von Forest Gum und meiner Idee eines nachhaltigen Kaugummis erzähle. Auf Kaugummi ganz zu verzichten, ist aber für viele auch nicht die Lösung. Besser machen, lautet deshalb die Devise! Denn auf dem Markt gibt es kaum Alternativen und das Business ist fest in der Hand von wenigen Akteuren, die noch keine Antwort auf eines der wichtigsten Themen im Foodbereich haben: Vermeidung von Plastikmüll. Mit Forest Gum haben wir die Chance, diese Antwort zu geben und die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten zu bedienen. Wie lange haben Sie benötigt, um "Forest Gum" zur Marktreife zu bringen? Von der ersten Idee zu Forest Gum bis heute liegen sechs spannende, bewegte und lehrreiche Jahre hinter uns: Ich bin in die Anbaugebiete des Chicle gereist, habe Chicle gekocht und die ersten Prototypen unseres Kaugummis selbst hergestellt. Und dann war da auch noch die Gründung des Unternehmens. Dinge wie Finanzierung, rechtliche Angelegenheiten, aber auch Themen wie Packaging, Marketing und Vertrieb stehen auf dem Programm. Ich finde es vernünftig im Kleinen zu starten und viel zu testen. Man macht am Anfang Fehler. Das Team und auch das finale Konzept brauchen häufig Zeit und Praxis, um sich zu finden. Wenn es richtig losgeht, ist erst mal eins am wichtigsten: Das Produkt muss top sein. Einen sozialen und ökologischen Background zu haben ist großartig, aber es reicht nicht um am Markt zu bestehen. Und am Ende muss das Ganze viel Spaß machen. Dafür sollte man sorgen - für das Team und auch für sich selbst. Es gibt ja bereits andere plastikfreie Kaugummis. Warum haben Sie dennoch Forest Gum kreiert? Unterscheidet sich Forest Gum von anderen plastikfreien Kaugummis? Als allererstes: Forest Gum ist einfach superleckerJ Was uns jeden Tag aufs Neue vorantreibt, ist aber nicht nur, ein leckeres Produkt zu entwickeln und an den Mann und die Frau zu bringen. Forest Gum bringt frischen Wind ins Kaugummiregal - mit einem Kaugummi, der 100 Prozent pflanzlich ist, biologisch abbaubar, nachhaltig und aus nachwachsenden Rohstoffen. Unterm Strich: Wir sind die Kaugummirevolution! Forest Gum hat sich auf die Fahne geschrieben, die Kaugummiwelt von Plastik zu befreien und eine echte Alternative zu herkömmlichen Produkten zu sein. Auch wenn und gerade weil unsere Dragees ganz kleine Alltagsprodukte sind, wollen wir zeigen, was für eine große Wirkung für unsere Umwelt in ihnen steckt. Die Zahlen sprechen für sich: Weltweit werden jedes Jahr etwa 580.000 Tonnen Kaugummi konsumiert und ausgespuckt. Das sind 580.000 Tonnen Plastikmüll, der Jahrhunderte braucht, um zu verrotten! Auf der anderen Seite müssen wir den weltweiten Waldbestand erhalten, um unser Klima zu schützen. Aus diesen Gründen sollte nachhaltiger Konsum etwas völlig Normales sein. Forest Gum möchte dieses Umdenken vorantreiben. Wie wichtig ist - abgesehen davon, dass kein Plastik verwendet wird - die Nachhaltigkeit in der Produktion von Forest Gum? Wie kommen Sie dem nach und wie arbeiten Sie mit den Rohstofflieferanten aus den Tropen zusammen? Wie der Name schon sagt: Bei Forest Gum geht es um den Wald, denn die Kaubasis unserer Kaugummis ist aus Chicle, dem Saft des Breiapfelbaums - ähnlich wie Kautschuk. Wer Forest Gum kaut, tut aber nicht nur sich selbst Gutes, sondern auch der Umwelt. Denn durch die nachhaltige Bewirtschaftung der Chicle-Bäume helfen wir, den Wald zu schützen. Das ist nicht nur gut für eine langfristige Produktion unseres leckeren Kaugummis, sondern auch für den Klimaschutz und als Einkommensquelle für die Menschen vor Ort: Wir pflegen mit unserer Partnerkooperative in Zentralamerika eine Zusammenarbeit, die auf gegenseitigem Respekt und Fairness beruht. Dadurch gelingt es uns, für die Menschen vor Ort eine neue, dringend benötigte Einkommensquelle zu schaffen. Indem wir ihre Wälder schützen, mit denen sie in langer Tradition verbunden sind, können wir sicherstellen, dass sie von dem leben können, was ihr Land hergibt. Das macht sie unabhängig. Und übrigens: Unser Versprechen, auf Plastik zu verzichten, bezieht sich nicht nur auf die Kaumasse selbst, sondern natürlich auch auf die Verpackung! Gab es Reaktionen auf die Teilnahme an "Die Höhle der Löwen"? Hat es dem Unternehmen neue Perspektiven ermöglicht? Wir sind immer noch sehr glücklich, dass wir dabei sein durften. Das war eine Erfahrung, die wahrscheinlich einmalig bleibt. Dass die "Löwen" unsere Begeisterung geteilt haben, davon waren und sind wir ganz euphorisiert. Wir nehmen dieses gute Feedback mit und schauen zuversichtlich nach vorne. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg und jetzt definitiv noch motivierter, richtig Gas zu geben! Wie sehen Ihre nächsten Ziele aus? Die letzten Monate waren schon ein richtiger Sprint. Wir selbst sind davon total begeistert. Forest Gum gibt es inzwischen in über 2.500 Geschäften, in Universitäten, in Cafés und vielen coole Onlineshops zu kaufen. Und unsere neue Sorte Forest Gum Berries kommt super an! Unser übergeordnetes Ziel ist es auch, mit Forest Gum möglichst viele Leute zu erreichen. In Deutschland und international. Unser Herzensanliegen, uns für den Umweltschutz stark zu machen und die Menschen in den Anbaugebieten zu unterstützen, ist und bleibt unsere treibende Kraft bei allem, was wir tun: Seien es neue Produkte oder auch Kooperationen mit spannenden Partnern. Ökologisch und sozial verantwortlich muss normal sein in der Wirtschaft. Wenn wir einen Teil zu dieser neuen Normalität beitragen können, bin ich superhappy. Geboren wurden Sie in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wohin ging Ihr Weg von hier aus? Ich bin ein Kind der Eifel. Geboren bin ich in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Inzwischen lebe ich in Köln, also gar nicht so weit von meinem Elternhaus entfernt. Auf meinem Weg liegen viele schöne Stationen: Meine Studienaufenthalte in Aachen, München oder Stockholm etwa, oder in Costa Rica oder auch die Jahre in Hamburg, wo ich als Geschäftsführer bei Lemonaid viele liebe Menschen kennenlernen durfte. Wo ich auch immer bin, verbringe ich mit meiner Familie am liebsten Zeit in der Natur und im Wald - und dafür komme ich auch sehr gerne "nach Hause".


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