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Durch Zufall zum Hobby-Archäologen

Die Archäologie ist »nicht sein Ding«, er sucht nicht an historischen Schauplätzen und auf Friedhöfen, in alten Gemäuern und staubigen Archiven nach Antworten. Er interessiert sich auch nicht groß für den Menschen und seine materiellen Hinterlassenschaften, wie etwa Gebäude, Werkzeuge, Kunstwerke. Raimund Kuchem hat ganz andere Aufgaben, er verkauft in einem Monschauer Autohaus Neu- und Gebrauchtwagen, hat täglich mit Chrom und Lack zu tun.

Wie kommt ein Autoverkäufer zur Archäologie? Diese Frage dürfte Raimund Kuchem häufiger gehört haben. Die Antwort? »Durch Zufall«. Denn das, was er auf seinem Grundstück 2009 gefunden hat, entdeckt man nicht alle Tage. Für ihn sah es am Anfang nur wie »eine Kugel, ein kleines Fläschchen und ein seltenes Stück, welches einer Scheibe ähnelte« aus. Seine Neugierde hielt sich zunächst in Grenzen, mehr über seine Funde zu erfahren, »Ich habe den Fundsachen erst einmal eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, wusste ja nicht einmal, was ich da überhaupt erwischt hatte«, erzählt er dem Wochenspiegel.

Startschuss Google

Irgendwann ging die Sucherei aber los. Im Zeitalter der modernen IT-Technik versuchte er zunächst im Brockhaus der heutigen Zeit, bei Google fündig zu werden. Doch so leicht wie er es sich dachte, war es dann nicht. Auch die Meinung eines Archäologen stellte ihn nicht richtig zufrieden. Der Experte hatte Vermutungen, um was es sich handeln könnte, aber mit dem Gehörten konnte der Rotter nicht viel angefangen.

Im Wohnzimmer

Nach dem das Gespräch mit dem Archäologen nicht gewünscht verlief, gehörte ein Fundstück zur Einrichtung im Wohnzimmer. »Das für mich faszinierendste Stück, diese Flachbeilklinge, hatte vorübergehend sogar einen festen Platz oben auf der Wanduhr im Wohnzimmer bekommen«, lacht er.

Expertenwissen

Irgendwann wollte er dann doch konkrete Antworten haben. Deshalb wendete er sich 2014 an das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland mit Sitz in Nideggen. Dann erschien Petra Tutlies vom Landschaftsverband Rheinland am Fundort in Rott, um die Fundstücke zu inspizieren und in Augenschein zu nehmen. Früher endete der Talweg hinter dem Bauerngehöft, aus dem sich das heutige Wohnhaus entwickelt hat, bekam Kuchem zu hören. Für Petra Tutlies handelte es sich um eine Flachbeilklinge aus einer ungewöhnlicher Kupfer-Legierung, einem Medizinflächen und einer Falkonettkugel aus einer Kupferlegierung. Die drei Fundstücke sollten aber noch genau überprüft werden. Für die Expertin hielt fest, »Es sei ein bedeutsamer, interessanter Fund, nicht ganz untypisch für die Gegend«. Dadurch wurde der Finderling um einige schlauer. Drei Jahre lang musste er warten, bis er nun den endgültigen »Befund« in den Händen hielt und die Stücke wieder nach Rott zurück kamen.

Bis zu 4000 Jahre alt

«Ja, es handelt sich um eine Flachbeilklinge (beginnende Bronzezeit, wohl um 2000 bis 1500 vor Christi), deren chemische Zusammensetzung aber nicht unbedingt für eine Herstellung in der Eifel oder dem Rheinland spricht«, erklärt die Expertin vom Landschaftsverband. Bei den Untersuchungen ist aufgefallen, dass die Zusammensetzung des Beils als ungewöhnlich, aber nicht als außergewöhnlich bezeichtnet werden kann. Es könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass ein mitgebrachter Fund aus dem Mittelmehrraum später am Fundort in Rott verloren gegangen oder weggeworfen sei. »Solche Fundgeschichten erlebt man tatsächlich immer wieder« so Petra Tutlies weiter. Auch die Falkonettkugel, die früher mit einer Feldschlange, einem Kanonentyp aus dem späten Mittelalter abgeschossen wurde, zeigte Besonderheiten auf. Statt aus Eisen, wie bei diesen Kugeln üblich, hat die Kugel eine Kupferlegierung. Das kleine zylindrische Fläschchen besteht aus Pressglas und stammt aus dem Drogerie- oder Arzneimittelbereich für Tinkturen.

Zugänglichkeit

Nur in die Schublade stecken, dass will der Besitzer nicht, »Diese drei Dinge sollte man schon zugänglich machen«, sagt er. Diese Entdeckungstour hat bei ihm ein wenig Appetit auf Archäologie geweckt. Mit der Rückgabe der Fundstücke erhielt er auch das Fachbuch »Archäologie im Rheinland«, in dem er nun deutlich häufiger blättert. Und wer weiß, vielleicht findet er auf seinem Grundstück im Talweg den nächsten Zufallsfund.

Ausstellungsort

Eine richtige Idee, wie Raimund Kuchem seine besonderen Fundstücke der Öffentlichkeit zugänglich machen kann, hat er noch nicht. »Vielleicht haben die Leser einen Vorschlag, wie man die Fundsachen präsent machen kann« wünscht er sich. Ideen und Vorschläge können vor Ort im Talweg in Rott bei Herrn Kuchem mitgeteilt werden.


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